Seit Start der Ermittlungen gegen Tierschützer steht der dafür verwendete Antimafiaparagraf 278a in der Kritik. Nun reagiert Justizministerin Beatrix Karl mit einer Novelle.

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Wien - Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) hat aus dem Tierschützerprozess eine Konsequenz gezogen. Drei Wochen, nachdem die Freisprüche aller 13 Beschuldigten vom Vorwurf, eine mafiaähnliche kriminelle Organisation laut Paragraf 278a gebildet zu haben, rechtskräftig wurden, kündigte sie am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD konkrete Gesetzesänderungen an.

Laut Karl soll künftig "im Vordergrund stehen, dass eine kriminelle Organisation mit strafwürdigen Mitteln auf finanzielle Gewinne aus ist". Daher werde sie im Rahmen einer Strafrechtsänderung vorschlagen, einen Halbsatz in Paragraf 278a ersatzlos zu streichen.

Derzeit gilt eine Gruppe, die "schwerwiegende Straftaten" begeht, dann als kriminelle Organisation, wenn sie laut Paragraf 278a, Absatz 2 "dadurch eine Bereicherung in großem Umfang oder erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft anstrebt". Künftig soll das Ziel der politischen oder ökonomischen Einflussnahme als Tatbestandsmerkmal wegfallen und nur die "Bereicherung" übrigbleiben. Eine solche Änderung war unter anderem von SPÖ und Grünen vorgeschlagen worden. "Damit wären die Tierschützer von Anfang an aus dem Schneider gewesen", kommentiert der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk.

Verdacht nach Kampagnen

Tatsächlich hatte der Wiener Neustädter Staatsanwalt Wolfgang Handler die "Mafia"-Anklage gegen die Aktivisten auch aufgrund von deren Kampagnen, unter anderem gegen Pelzverkauf und Schweinemast, erhoben. Ihr politisches und wirtschaftliches Ziel: den Pelzverkauf stoppen, die intensive Schweinehaltung ändern.

Die Ermittlungen und der Prozess gegen die Tierrechtler seien "der Anlass gewesen, um sich Paragraf 278a anzuschauen", betont Ministerin Karl: "Die Kritik lautete, dass die Bestimmung überschießend sei."

Im Oktober 2011 beschloss der Nationalrat, eine Evaluierung des Passus durchzuführen. Damit beauftragt wurde Susanne Reindl-Krauskopf, Strafrechtsexpertin an der Universität Wien. Sie schlug eine ganze Reihe möglicher Änderungen vor. Karl und ihre Ministeriumsexperten entschieden sich in der Folge für die erwähnte Halbsatzstreichung.

Vorschlag an Parlament

Laut der Ministerin hatten Reindl-Krauskopf und der Studien-Koautor Farsam Salimi auch zu prüfen, ob man den Antimafiaparagrafen als Ganzes brauche. "Sie kamen in ihrer Studie zu dem Schluss, dass keinerlei internationalen Vorgaben existieren, die eine solche Regelung erzwingen würden", erläutert Karl. Doch Paragraf 278a ersatzlos zu streichen hätten die Experten nicht vorgeschlagen. "Weil es strafrechtliche Sanktionen gegen mafiöse Gruppen unbedingt braucht", bekräftigt Karl

Der Vorschlag zur Paragraf- 278a-Entschärfung wird jetzt dem Parlament übermittelt, um in Begutachtung zu kommen. Gleichzeitig überlegt das Justizministerium auch Änderungen in Paragraf 278d ("Terrorfinanzierung" ). Ob internationale Übereinkommen hier eine Überarbeitung notwendig machen, ist dem Vernehmen nach derzeit aber noch ungeklärt. (Irene Brickner, DER STANDARD, 20.7.2012)